Eine blonde Studentin sitzt lächelnd in einem Klassenraum. Im Vordergrund sieht man die Silhouette einer Lehrperson.

Verfasst von Sascha Matowitsch

Als Rechtsanwaltsfachangestellte:r Jura studieren

Perspektivwechsel Volljurist:in

Nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte:r fragst Du Dich, ob es möglich ist, Jura zu studieren? Wir haben mögliche Gründe für diesen Wunsch aufgearbeitet und zeigen Dir auf, was Du für ein Jura-Studium mitbringen solltest. Neben Vorteilen gegenüber klassischen Jura-Student:innen geben wir Dir zudem Tipps für mögliche Unterstützungsformen durch Arbeitgeber:innen. Zuletzt ist der Unterschied zwischen Studium und Weiterbildung zu erörtern. 

Die Gründe für ein Jurastudium 

Eine Berufsausbildung ist mit Mühe und Fleiß verbunden. Nicht zu unterschätzen ist, dass Du in der Regel drei Jahre gebraucht hast, um endlich als ausgelernte:r Rechtsanwaltsfachangestellte:r arbeiten zu können. Wieso solltest Du Dich nach einer Berufsausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten dafür entscheiden, eines der anspruchsvollsten Studiengänge mit einer Regelstudienzeit von 10 Semestern zu belegen? Die Gründe für ein zusätzliches Studium können vielfältig sein.

Im Vordergrund steht, dass:

  • Du Deinen Wissensdurst stillen möchtest.
  • Du nicht die Arbeit im Backoffice erledigen, sondern eigenverantwortlich Mandanten beraten willst.
  • Du mehr verdienen möchtest. Denn es ist kein Geheimnis, dass Volljuristen mehr als Rechtsanwaltsfachangestellte verdienen. 
Rechtsanwaltsfachangestellte sollten sich nicht davon abhalten lassen, Jura zu studieren.

Das solltest Du für ein Jurastudium mitbringen: 

Ein Jura-Studium ist ein klassischer Studiengang. Die Zugangsvoraussetzungen legt jede Universität individuell fest. In der Regel wird ein Abitur gefordert. Der N.c. variiert von Universität zu Universität. Doch was machst Du, wenn Du kein Abitur vorzuweisen hast oder der N.c. nicht passt? Einige Universitäten bieten die Möglichkeit an, das Studium als sog. „Beruflich Qualifizierte:r“ aufzunehmen. Durch Deine abgeschlossene Berufsausbildung und deiner Berufserfahrung, besteht die Möglichkeit, auch ohne Abitur Jura zu studieren. Insofern bietet Dir Deine zuvor abgeschlossene Berufsausbildung einen gewissen Vorteil bei den Zugangsvoraussetzungen gegenüber Abiturienten. 
 

Neben den Zugangsvoraussetzungen musst Du eine Menge Ehrgeiz und Disziplin mitbringen. Nach wie vor werden Jura-Studierende mit einer Fülle von Lehrmaterial erschlagen. Mit Rückschlägen musst Du entsprechend umgehen können.

Klassischen Jura-Student:innen eine Nase voraus

Haben Rechtsanwaltsfachangestellte gegenüber ihren Kommilitonen im Studium einen Vorteil? In der ersten Vorlesung bist Du nicht überrascht, wenn der Professor Dir erklärt, wie ein Kaufvertrag zustande kommt. Das Stellvertretungsrecht ist während der Berufsschulzeit noch in Erinnerung. Auch kennst Du in der Regel die Basics des Gesellschaftsrechtes. Du weißt, welche Kaufmannsarten das HGB vorgibt. Viele Fallgestaltungen der ZPO sind Dir bekannt. Du weißt, was ein Versäumnisurteil ist. Auch weißt Du, welches Rechtsmittel oder welcher Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung statthaft ist. Du wirst in der Regel während des Studiums weniger Problemstellungen hinterfragen als Deine Kommilitonen. Juristische Zusammenhänge dürften für Dich nicht fremd sein. Unterschätze allerdings nicht, dass Dir Kenntnisse der wissenschaftlichen Fallbearbeitung in der Regel fehlen werden. So kennst Du gegebenenfalls die Antwort auf die Frage, was ein 7-jähriges Kind von seinem Taschengeld kaufen und welche Verpflichtungen es eingehen darf. Im juristischen Studium kommt es nicht (nur) auf das korrekte Ergebnis an. Der dogmatische Ansatz muss stimmen, denn in der Juristerei ist vieles vertretbar. Der Schlüssel zum sauberen dogmatischen Weg ist die Einhaltung des Gutachtenstils, den Du in Deiner Berufsausbildung nicht gelernt hast. Deine zuvor erworbenen Kenntnisse sind im Jura-Studium natürlich vorteilhaft. So kannst Du Dich im Vergleich zu Deinen Kommilitonen früher vertieft mit Themen befassen, da Dir die Basics bereits bekannt sein dürften. 

Du wirst in der Regel während des Studiums weniger Problemstellungen hinterfragen als Deine Kommilitonen.

Hol Dir Unterstützung für Dein Studium

Nicht alles muss auf eigene Faust geschehen. Es besteht die Möglichkeit, Unterstützung von Deinem Arbeitgeber zu erhalten. Die Unterstützung sollte sich nicht nur auf geldwerte Vorteile reduzieren. Viel wichtiger ist das Verständnis der Arbeitgeber, dass Du nicht zu festen Zeiten in der Kanzlei anwesend sein kannst. Hier ist Flexibilität von beiden Seiten gefordert. Im Laufe des Studiums kannst Du bereits vor dem Referendariat mit der Aktenbearbeitung aus Anwaltssicht beginnen. Deine Vorgesetzten haben den Weg selbst beschritten, sodass auch hier wertvolle Tipps abgegriffen werden können. Verständnisprobleme können durch Fachgespräche gelöst und der Ausdruck in Wort und Schrift verbessert werden. 

Bachelor vs. Fachwirt 

Der Wissensdurst und die finanziellen Aspekte können sicherlich auch über eine Weiterbildung zur Rechtsfachwirt:in oder Assessorwirt:in gestillt bzw. erreicht werden. 
 

Es gibt nicht nur die Möglichkeit, den Studiengang „Rechtswissenschaft 1. Staatsexamen“ zu belegen. Vielmehr kann auch der Studiengang „Bachelor Recht und Management“ belegt werden. Im Unterschied zum Staatsexamen werden im Bachelorstudiengang auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt. Am Ende des Studiums wartet kein Staatsexamen, sondern eine Bachelor-Arbeit. Doch Vorsicht: Dieser Studiengang berechtigt Dich nicht dazu, rechtsberatend tätig zu werden. Um rechtsberatend tätig werden zu können, benötigst Du das 2. Staatsexamen. Mit dem Bachelor Recht und Management bist Du eher in einer Wirtschafts- und Steuerberatungskanzlei besser aufgehoben und kannst dort den Volljuristen wertvoll zuarbeiten. Im Vergleich zur Assessorwirt:in und Rechtsfachwirt:in werden beim Bachelor vertiefte Kenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt. Der Bachelor „Recht und Management“ dient überwiegend als Zusatzqualifikation für angehende Volljuristen. Ob zusätzlich ein im Studiengang Rechtswissenschaften 1. Staatsexamen integrierter Jura-Bachelor ermöglicht wird, ist derzeit noch offen. Jedenfalls steht fest, dass eine Befähigung zur Rechtsberatung damit nicht einhergehen wird. Bachelor-Absolventen sind in der Regel in Rechtsabteilungen von Unternehmen oder in Behörden wiederzufinden.

Spannende Jobs für ReFas

Rechtsanwaltsfachangestellte sollten sich nicht davon abhalten lassen, Jura zu studieren. Der Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten bietet einen hervorragenden Boden, bestehende Kenntnisse weiter zu vertiefen. Auch ohne Abitur kannst Du dank Deiner Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten Zugang zum Jura-Studium erhalten. In Zusammenarbeit mit Arbeitgeber:innen können möglichst viele Vorteile abgeschöpft werden. Solltest Du nicht rechtsberatend tätig sein wollen, bietet sich alternativ eine Weiterbildung an.