Zukunftsaussichten Rechtsanwaltsfachangestellte

Verfasst von Sascha Matowitsch|Veröffentlicht am 11.08.2022

Zukunftsaussichten für Rechtsanwaltsfachangestellte

Ein aussterbender Beruf?

Der Wandel der Zeit sorgt hin und wieder zum Aussterben von Berufen. Müssen Rechtsanwaltsfachangestellte um ihre Jobs bangen? Wie sehen die Zukunftsaussichten einer Kanzlei aus, die vollständig auf Digitalisierung setzt? Ersetzen Algorithmen eine vollständige Arbeitskraft? Wir zeigen Dir auf, ob es für Rechtsanwaltsfachangestellte an der Zeit ist, sich nach einem anderen Beruf umzusehen und wie sich dieser Beruf mit der stets zunehmenden Digitalisierung vereinbaren lässt. 

Kein Verdrängen durch moderne Technik

Ganz klar: Ein Hauptaufgabengebiet von Rechtsanwaltsfachangestellten war es, Schriftsätze nach Diktat zu fertigen. Mit neuen Techniken, wie z.B. der Spracherkennung lässt sich diese Aufgabe auf eine „Maschine“ leicht übertragen. Es müssen nicht mehr zwei Arbeitskräfte parallel einen Schriftsatz fertigen. Die Jurist:innen diktieren wie zuvor den Schriftsatz fertig. Dank Spracheingabe auf dem PC oder Smartphone wird der Schriftsatz parallel erstellt. Mögliche Fehler können sofort behoben werden und es bedarf nicht des Korrekturlesens. Doch kann eine Maschine eine voll ausgebildete Kraft vollständig ersetzen? Nein! Bei einfachen Schreiben, wie z.B. einer E-Mail oder einem Schriftsatz, der aus zwei Sätzen besteht, kann man sich auf die Technik verlassen. Komplexe Schriftsätze müssen in jedem Fall formatiert und korrekturgelesen werden. Die modernste Technik kann das Vieraugenprinzip nicht ersetzen. Genau auf dieses System schwören viele Anwält:innen. Nicht selten kommt es vor, dass ein Schriftsatz entweder „doppelt“ diktiert wird, oder die gesprochenen Passagen schlicht und ergreifend keinen Sinn ergeben. Parteibezeichnungen werden häufig durcheinandergebracht. Womöglich werden Akteninhalte nicht beachtet. Es mag sein, dass die Spracherkennungssoftware nur einmalige Kosten auslöst, eine Arbeitskraft hingegen eine wiederkehrende wirtschaftliche Belastung darstellt. Doch liegt der finanzielle Disput auf der Hand: Eine Spracherkennungssoftware kann eine gleiche Leistung, wie eine Arbeitskraft, nicht ersetzen. Neben dem Schreiben nach Diktat fällt immer mehr und mehr dank des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches die Posteingangsbearbeitung weg. E-Akten werden eingeführt, Papierakten landen in der Tonne. Weitere Bereiche aus dem Aufgabenbereich der Rechtsanwaltsfachangestellten werden verbannt. Vermeintlich. Denn auch im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung – Anwaltskanzleien – müssen die Dokumente vollständig und vor allem korrekt in die E-Akte eingepflegt werden, Fristen müssen notiert werden, die Beteiligtendaten müssen eingepflegt werden. Insbesondere bei den Fristen lässt die Rechtsprechung wenig Spielraum, wenn eine Frist falsch notiert wurde! Eine Begründung, dass die Technik schlicht versagt hat, reicht in den meisten Fällen nicht aus. 

Mit statt gegen die Technik 

Anstelle gegen die Neuerungen anzukämpfen, solltest Du das neue technische Umfeld als ein neues Aufgabengebiet begreifen. Die neuen technischen Möglichkeiten kannst du nutzen, um die bestmögliche Leistung für den Mandanten herauszuholen. Durch die Neuerungen sollte es Dir selbst möglich sein, z.B. durch das Ausfüllen einer Maske selbständig eine Deckungsschutzanfrage bei der Rechtsschutzversicherung für den Mandanten einzuholen. Damit nimmst Du den Jurist:innen bereits ein Stück Arbeit ab. Mit der neuen Technik arbeitest Du wesentlich selbständiger, als zuvor. Es muss nicht jeder Arbeitsschritt im wahrsten Sinne des Wortes „vordiktiert“ werden. Durch Textbausteine kannst Du eine Klageschrift vorbereiten und den Jurist:innen im Entwurf vorlegen. Auch wenn eine Spracherkennungssoftware genutzt wird, bedeutet das noch lange nicht, dass Rechtsanwaltsfachangestellte entbehrlich werden. In einer Rechtsanwaltskanzlei gibt es jede Menge Aufgaben, die neben dem Schreiben zu bewerkstelligen sind. So lassen sich z.B. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen terminlich durch ein Programm planen. Das Programm ausführen muss letztlich die ausgelernte Kraft. Du musst entscheiden, welcher Inhalt genau aus dem Titel vollstreckt werden soll, welche Maßnahme die sinnvollste ist und ob das Kostenrisiko nicht doch deutlich zu hoch ist. Termine müssen koordiniert, Fristen richtig berechnet und kontrolliert sowie der (digitale) Postein- und Ausgang bearbeitet werden. Die neuen Programme sollten dazu genutzt werden, den Arbeitsalltag zu erleichtern, und ihn nicht abzuschaffen. Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass angeforderte Informationen umgehend von den Mandanten per Mail übersandt werden, wo sie ehemals mindestens 2 Tage Postlaufzeit in Anspruch genommen hätten. Der Kanzleialltag wird hektischer, weswegen sehr schnell eine E-Mail zwischen Diktat und Telefonat übersehen werden kann.

Doch kann eine Maschine eine voll ausgebildete Kraft vollständig ersetzen? Nein!

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In 20 Jahren noch interessant?

Welche weiteren technischen Innovationen auf den Markt kommen, ist noch nicht abschätzbar. Allerdings dürften auch weitere technische Fortschritte den Beruf nicht tangieren, sondern eher attraktiver gestalten. In 20 Jahren wird es höchst wahrscheinlich dabei bleiben, dass Jurist:innen streng an Fristen gebunden sein werden, in Zukunft könnte eine fehlerhaft abgegebene Erklärung in einem Schriftsatz, auf den Jurist:innen eben durch die ggf. nicht mehr vorhandenen Rechtsanwaltsfachangestellten nicht hingewiesen worden ist, fatale Folgen haben. Auch für Jurist:innen werden die Aufgaben nicht weniger, sondern mehr. Die Gesellschaft ist fordernder geworden und wird es immer werden. Es muss alles schnell und sofort gehen. Bereits jetzt lässt einen der Gedanke, dass Jurist:innen neben der Organisation des Betriebes auch noch einen komplexen Rechtsfall prüfen und bearbeiten sollen, erahnen, dass dies mehr als schiefgehen kann. Sehr unwahrscheinlich, dass sich das Aufgabenfeld ruhiger und entspannter gestalten lässt als jetzt. Umso mehr wird man auf die Hilfe der Rechtsanwaltsfachangestellten angewiesen sein.

Du siehst, dass das Berufsbild der Rechtsanwaltsfachangestellten noch lange nicht ausgedient hat. Neue technische Fortschritte sollten genutzt werden. Es empfiehlt sich, mit der Technik zu arbeiten, anstelle gegen den Fortschritt anzugehen. Keine Sorge! Die Arbeitsplätze von Rechtsanwaltsfachangestellten werden auch zukünftig erhalten bleiben. Denn eins steht fest: Die Juristen sind auf Rechtsanwaltsfachangestellte angewiesen und froh, dass es sie gibt. 

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